Gezielte wettbewerbswidrige Behinderungdurch den Markeninhaber, wenn die Verwendung der Marke in Adwords-Anzeigen ohne Markenverletzung unterbunden wird

a) Die Einlegung einer sogenannten allgemeinen Markenbeschwerde beim Betreiber einer Internetsuchmaschine ist nicht deshalb eine unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, weil Mitbewerber, die eine nicht markenverletzende Adwords-Werbung beabsichtigen, die vorherige Zustimmung des Markeninhabers einholen müssen.
b) Es stellt eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar, wenn der Markenin-haber nach Einlegung einer Markenbeschwerde bei Google, durch die die Verwendung der Marke in Adwords-Anzeigen unterbunden wird, die Zustimmung zu der Adwords-Werbung eines Mitbewerbers nicht erteilt, obwohl die beabsichtigte Werbung das Markenrecht nicht verletzt.
c) Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV kann vorliegen, wenn sich Marke und Zeichen nur in ihrer Groß- oder Kleinschreibung unterscheiden.
d) Als geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Störung kann der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG die ausdrückliche Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots umfassen.

UWG § 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1; Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1

BGH URTEIL I ZR 188/13 vom 12. März 2015 – Uhrenankauf im Internet (Adwords-Keyword Sperrung durch Markeninhaber)

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 11. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Feddersen
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandes-gerichts München vom 18. Juli 2013 wird auf Kosten der Beklag-ten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist auf dem Gebiet des An- und Verkaufs von Schmuck und Juwelierwaren tätig. Sie handelt mit gebrauchten Uhren der Marke „ROLEX“.
Die Beklagte ist Inhaberin der am 21. Mai 2008 eingetragenen Gemein-schaftsmarke „ROLEX“. Sie stellt hochwertige Uhren her, die sie selbst oder über konzessionierte Fachhändler in Deutschland vertreibt. Die Beklagte und ihre Fachhändler bieten ausschließlich neue und keine gebrauchten Uhren zum Kauf an.
Die Klägerin beabsichtigt, im Internet über „Google Adwords“ folgende Werbeanzeige zu veröffentlichen:
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Ankauf: Rolex Armbanduhren
Ankauf: einfach, schnell, kompetent
Ankauf: Rolex-Uhr dringend gesucht
www.
Google lehnte die Schaltung der Anzeige im Oktober 2010 wegen einer von der Beklagten eingelegten sogenannten „allgemeinen Markenbeschwerde“ ab. Durch eine solche Markenbeschwerde ermöglicht Google Markeninhabern, sich gegen die Nutzung ihrer Kennzeichen im Text von Adwords-Anzeigen zu wenden. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte ohne Erfolg auf, der be-absichtigten Verwendung der Bezeichnung „Rolex“ in der geplanten Werbean-zeige zuzustimmen.
Soweit in der Revisionsinstanz von Interesse, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt,
gegenüber der Firma Google Ireland Ltd., … die Zustimmung zur Ver-wendung des Begriffs „ROLEX“ durch die Klägerin in einer Werbeanzei-ge zu erteilen, wenn diese Werbeanzeige zur Veröffentlichung bei „Google Adwords“ … vorgesehen ist und dabei von der Klägerin der fol-gende Anzeigentext verwendet wird:
Ankauf: Rolex Armbanduhren
Ankauf: einfach, schnell, kompetent
Ankauf: Rolex-Uhr dringend gesucht
www. ,
ohne dass die Klägerin hierbei den Begriff „ROLEX“ als sogenanntes Keyword für die Schaltung der vorstehenden Werbeanzeige verwenden wird.
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung wei-ter.
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Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten ange-nommen, der von der Klägerin begehrten Adwords-Nutzung zuzustimmen. Da-zu hat es ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob bereits die Einlegung einer allgemeinen Mar-kenbeschwerde im Rahmen des „Google Adwords“-Programms eine gezielte Behinderung eines Mitbewerbers (§ 4 Nr. 10 UWG) darstellen könne. Jedenfalls liege eine unlautere Behinderung der Klägerin darin, dass sich die Beklagte trotz Aufforderung geweigert habe, Google gegenüber ihre Zustimmung zu der von der Klägerin beabsichtigten Anzeige zu erteilen. Die Verweigerung der Zu-stimmung sei bei objektiver Würdigung in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Klägerin gerichtet gewesen, weil die Be-klagte bei gewissenhafter Prüfung ohne weiteres habe erkennen können, dass die Klägerin jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Erschöpfung des Marken-rechts zu der beabsichtigten Werbung berechtigt gewesen sei. Nachdem von der allgemeinen Markenbeschwerde der Beklagten nicht nur potentielle Mar-kenverletzer, sondern auch rechtmäßig handelnde Mitbewerber betroffen wor-den seien, habe eine Rechtspflicht der Beklagten zum Handeln hier zur Ertei-lung der begehrten Zustimmung aus vorangegangenem gefährdendem Tun bestanden.
B. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der von der Klä-gerin beabsichtigten Adwords-Werbung wie beantragt zuzustimmen. Dieser Anspruch steht der Klägerin aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG als Be-seitigungsanspruch unter dem Aspekt der unlauteren Mitbewerberbehinderung zu.
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I. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich im Streitfall aus Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen, der inhaltsgleich mit Art. 5 Nr. 3 der EuGVÜ und der BrüsselI-Verordnung sowie Art. 7 Nr. 2 BrüsselIa-VO ist. Nach dieser Bestimmung (Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen) kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates hat, in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt wer-den, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Deutschland und die Schweiz sind durch das Übereinkommen gebunden. Zu den unerlaubten Handlungen zählen auch unerlaubte Wettbewerbshandlungen. Gegenstand der Klage ist ein Besei-tigungsanspruch wegen eines behaupteten Verstoßes gegen § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG durch eine gezielte Behinderung. Die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, bezeichnet sowohl den Ort des ursächli-chen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs. Die Maßstäbe des Art. 5 Nr. 3 BrüsselI-VO (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 C523/10, GRUR 2012, 654 Rn. 19 Wintersteiger/Products 4U; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 I ZR 131/12, GRUR 2014, 601 Rn. 17 = WRP 2014, 584 englischsprachige Pressemitteilung) sind zur Auslegung des Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen entsprechend heranzuziehen (vgl. Fe-zer/Hausmann/Obergfell, UWG, 2. Aufl., I Einl. Rn. 351, Bd. 1, S. 318). Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs liegt nach den für Wettbewerbshand-lungen geltenden Grundsätzen im Inland. Hier ist die Klägerin nach ihrer Be-hauptung in ihrer wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeit durch das Verhalten der Beklagten gezielt behindert worden.
II. Die Klage ist auch begründet.
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1. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Für am Erwerb der hochpreisigen Uhren der Beklagten interessierte Kunden kann der Kauf ei-ner gebrauchten Rolex-Uhr bei der Klägerin eine Alternative zum Erwerb einer neuen Uhr bei Vertragshändlern der Beklagten darstellen. Dementsprechend kann sich der Absatz der Neuware der Beklagten verringern, wenn die Klägerin ihren Absatz gebrauchter Rolex-Uhren steigert.
2. Die Beklagte behindert die Klägerin gezielt im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG.
a) Allerdings kann eine solche Behinderung nicht schon darin gesehen werden, dass die Beklagte eine allgemeine Markenbeschwerde gegen die Ver-wendung der Bezeichnung „Rolex“ im Text bei Google geschalteter Werbean-zeigen eingelegt hat.
aa) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkei-ten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 28 = WRP 2014, 424 wetteronline.de; Urteil vom 30. April 2014 I ZR 224/12, GRUR 2014, 785 Rn. 23 = WRP 2014, 839 Flugvermittlung im Internet).
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bb) Nach diesen Grundsätzen erfüllt die allgemeine Markenbeschwerde bei Google nicht den Tatbestand der gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG. Mit der allgemeinen Markenbeschwerde verfolgt die Beklagte das Ziel, Verletzungen ihrer Markenrechte durch im Internet erscheinende Anzeigen zu verhindern. Damit fehlt es an einer Behinderungsabsicht. Diese kann zwar an-zunehmen sein, wenn die Maßnahme keinem anderen Zweck als der Schwä-chung des Mitbewerbers dient (vgl. OLG Hamburg, GRURRR 2004, 151, 152; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4.10 Rn. 9). Bei objektiver Be-trachtung stellt sich die legitime Durchsetzung von Markenrechten für die davon betroffenen Mitbewerber aber als wettbewerbsimmanente Handlungsbeschrän-kung und nicht als unlautere Behinderung der Entfaltungsmöglichkeiten dar.
Soweit Mitbewerber infolge der allgemeinen Markenbeschwerde daran gehindert werden, bestimmte Adwords-Anzeigen zu veröffentlichen, können sie sich an die Beschwerdeführer hier die Beklagte wenden und um Zustimmung zu ihrer Werbung bitten. Eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern kommt erst in Betracht, wenn der Markeninhaber die Zustimmung verweigert, obwohl seine Markenrechte durch die beabsichtigte Werbung nicht verletzt werden. Allein aufgrund der allgemeinen Markenbeschwerde werden davon betroffene Mitbewerber aber nicht daran gehindert, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Bei der gebote-nen Gesamtwürdigung ist im Streitfall entscheidend, dass der Beklagten eine effektive Durchsetzung ihrer Markenrechte im Internet wegen der Vielzahl und Vielfältigkeit möglicher Verletzungshandlungen ohne die Möglichkeit einer all-gemeinen Markenbeschwerde bei Google kaum möglich sein wird. Eine allge-meine Überwachung des Internets liegt außerhalb ihrer Fähigkeiten. Im Hinblick darauf ist es im Interesse der Verhinderung zahlreicher Markenverletzungen
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angemessen, wenn Mitbewerber, die eine nicht markenverletzende Adwords-Werbung planen, die vorherige Zustimmung der Beklagten einholen müssen.
b) Die Beklagte behindert die Klägerin jedoch gezielt im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, weil sie die Zustimmung zu der Adwords-Werbung der Klägerin nicht erteilt, obwohl die konkret beabsichtigte Werbung ihre Markenrechte nicht verletzt.
aa) Die von der Klägerin beabsichtigte Adwords-Werbung ist marken-rechtlich zulässig. Der Beklagten steht gegen diese Werbung kein Unterlas-sungsanspruch nach Art. 9 Abs. 1 GMV aus ihrer Gemeinschaftsmarke „ROLEX“ zu.
(1) Allerdings kann die Beklagte Identitätsschutz gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV gegenüber der Klägerin beanspruchen. Die Klägerin möchte die Bezeichnung „Rolex“ für Uhren und damit für Produkte benutzen, für die die Gemeinschaftsmarke „ROLEX“ der Beklagten geschützt ist. Trotz der unterschiedlichen Groß- und Kleinschreibung sind die Marke „ROLEX“ und die Bezeichnung „Rolex“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV iden-tisch.
Das Kriterium der Zeichenidentität ist zwar restriktiv auszulegen. Zei-chenidentität setzt danach grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung der kollidierenden Zeichen voraus; unschädlich sind aber so geringfügige Unter-schiede zwischen den Zeichen, dass sie einem Durchschnittsverbraucher ent-gehen können (EuGH, Urteil vom 20. März 2003 C291/00, Slg. 2003, I2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 50 ff. LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]). So hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Marke „INTERFLORA“ und das Zei-chen „Interflora“ im Fall der Nutzung für Blumenlieferdienste als im Wesentli-chen identisch angesehen und deshalb einen Fall der Doppelidentität ange-nommen (EuGH, Urteil vom 22. September 2011 C-323/09, Slg. 2011, I-8625
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= GRUR 2011, 1124 Rn. 33 Interflora). Der Streitfall ist nicht anders zu beur-teilen.
(2) Die Klägerin beabsichtigt auch eine von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV erfasste Benutzung der Gemeinschaftsmarke der Beklagten. Das mit der Gemeinschaftsmarke identische Zeichen „Rolex“ soll in der Adwords-Werbung der Klägerin für Uhren der Beklagten und damit für Waren benutzt werden, die mit denjenigen identisch sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist.
(3) Allerdings kann der Markeninhaber einer Benutzung des mit der Mar-ke identischen Zeichens auch im Fall der Doppelidentität nur widersprechen, wenn dadurch eine der Funktionen der Marke beeinträchtigt werden kann (vgl. nur EuGH, Urteil vom 12. November 2002 C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Rn. 51 Arsenal Football Club; Urteil vom 18. Juni 2009 C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 60 L’Oréal; EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 C558/08, Slg. 2010, I6963 = GRUR 2010, 841 Rn. 29 Portakabin; GRUR 2011, 1124 Rn. 34 Interflora). Die von der Klägerin beab-sichtigte Zeichennutzung beeinträchtigt aber die Hauptfunktion der Marke, die Gewährleistung der Waren- oder Dienstleistungsherkunft.
Wird eine Marke im Rahmen des Warenabsatzes zur Produktbezeich-nung und damit zur Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen benutzt, tritt hierdurch eine Beeinträchtigung der Her-kunftsfunktion der Marke ein, gegen die der Markeninhaber geschützt ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 I ZR 42/07, BGHZ 181, 77 Rn. 55 DAX). Für die Verwendung der Marke beim Ankauf von mit ihr gekennzeichneten Waren gilt nichts anderes. Die Verwendung der Marke erfolgt bei Ankauf und Verkauf in gleicher Weise als Unterscheidungsmittel für Waren. Der Händler, der die Ware mit der Absicht des Wiederverkaufs erwirbt, benutzt die Marke auch beim Ankauf im Rahmen des Produktabsatzes.
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(4) Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass die Beklagte die beabsichtigte Adwords-Werbung der Klägerin nicht verbieten kann, weil einem Unterlassungsanspruch der Beklagten die Schutzschranke der Er-schöpfung entgegensteht.
Der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke kann einem Dritten nicht verbie-ten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind (Art. 13 Abs. 1 GMV i.V.m. Art. 65 Abs. 2, Protokoll 28 und An-hang XVII Nr. 4 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum). Die von der in Deutschland ansässigen Klägerin beabsichtigte Anzeige in deutscher Sprache bezieht sich auf Waren, bei denen die Voraussetzungen der Erschöp-fung vorliegen. Sie richtet sich auf den Ankauf von Originalware der Beklagten, die durch deren Vertriebsorganisation im Europäischen Wirtschaftsraum und insbesondere in Deutschland in Verkehr gebracht worden ist. Daran ändert die bloße Möglichkeit nichts, dass von der Klägerin auch Uhren angeboten werden könnten, die von der Beklagten oder ihren Händlern außerhalb des Europäi-schen Wirtschaftsraums etwa in der Schweiz in Verkehr gebracht worden sind. Solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Werbung tatsäch-lich zu einem Ankauf derartiger Ware führen wird, kann die Beklagte die Anzei-ge der Klägerin im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 GMV nicht gestützt auf ihr Mar-kenrecht verbieten. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte stellt sich die Anzeige nicht als Vorbereitungshandlung für eine Markenverletzung dar.
Berechtigte Gründe im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GMV, aufgrund derer die Beklagte sich dem Vertrieb von der Klägerin angekaufter erschöpfter Original-ware widersetzen dürfte, sind nicht ersichtlich.
bb) Ist die beabsichtigte Werbung der Klägerin markenrechtlich zulässig, so ist die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagte bei objektiver Be-trachtung unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfal-
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tungsmöglichkeiten der Klägerin gerichtet und nicht in erster Linie auf die För-derung eigenen Wettbewerbs (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Rn. 23 = WRP 2008, 1319 EROS). Die Klägerin kann in die-sem Fall ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in an-gemessener Weise zur Geltung bringen, weil sie die von ihr beabsichtigte Ad-words-Werbung nur mit Zustimmung der Beklagten durchführen kann. Zwar könnte sie weiterhin uneingeschränkt allgemein für den Ankauf gebrauchter Luxusuhren werben. Sie ist aber daran gehindert, gezielt über eine Adwords-Werbung bei Google für den Ankauf gebrauchter Uhren der Beklagten zu wer-ben, die sie für die Vollständigkeit ihres Sortiments benötigt und an deren An-kauf sie ein besonderes kaufmännisches Interesse hat.
Dabei steht dem erheblichen Interesse der Klägerin an der Durchführung einer markenrechtlich zulässigen Adwords-Werbung kein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an deren Unterbindung gegenüber. Ein Interesse, zu-lässiges Wettbewerbshandeln von Mitbewerbern zu verhindern, kann im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das nach § 1 Satz 2 UWG im Interesse der Allgemeinheit auf den Schutz des unverfälschten Wettbewerbs gerichtet ist, von vornherein nicht anerkannt werden. Zum Schutz ihrer Markenrechte kann die Beklagte das allgemeine Markenbeschwerdeverfahren bei Google nutzen. Macht sie davon Gebrauch, ist ihr zuzumuten, die Zustimmung zu Adwords-Anzeigen zu erteilen, die markenrechtlich zulässig sind und deren Platzierung sie durch ihre Markenbeschwerde verhindert.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein schützens-wertes Interesse haben, sich im Internet konkret über die Ankaufsmöglichkeiten von Uhren einer bestimmten Marke zu orientieren. Dazu leisten Adwords-Anzeigen der von der Klägerin beabsichtigten Art einen wichtigen Beitrag.
cc) Es kommt im Streitfall nicht darauf an, ob ein schlichtes Unterlassen den Tatbestand der gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG erfüllen könn-
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te. Die Beklagte hat die Klägerin durch aktives Tun behindert. Sie hat die von der Klägerin begehrte Zustimmung wiederholt verweigert. Unabhängig davon, ob die Beklagte die Zustimmung ablehnt oder auf eine Anfrage der Beklagten nicht reagiert hat, liegt eine unlautere Behinderung dadurch vor, dass die Be-klagte der Aufforderung der Klägerin nicht entsprochen hat, ihrer beabsichtigten Werbung zuzustimmen. Insoweit sind die Einlegung der allgemeinen Marken-beschwerde und eine unterbliebene Zustimmung zu einer markenrechtlich un-bedenklichen Werbung nach einer vorherigen Aufforderung durch den Werben-den als ein einheitliches Verhalten des Markeninhabers anzusehen, durch das eine an sich unbedenkliche Sperrwirkung einer Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 I ZR 29/02, GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 The Colour of E-légance, mwN, zur bösgläubigen Markenanmeldung).
c) Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zustimmung zu der beabsichtigten Adwords-Werbung ergibt sich als Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG.
aa) Die Klägerin begehrt von der Beklagten kein Unterlassen, sondern die Beseitigung einer Behinderung, die in der Nichterteilung der begehrten Zu-stimmung liegt. Vergeblich macht die Beklagte geltend, aus dem Markenrecht könne sich nur ein Verbietungsrecht, jedoch keine Zustimmungspflicht ergeben. Die Zustimmungspflicht der Beklagten folgt nicht aus dem Markenrecht, son-dern aus § 4 Nr. 10 UWG. Soweit die Beklagte ihre Zustimmung zu einer zuläs-sigen Adwords-Werbung verweigert und diese Werbung aufgrund der von der Beklagten zuvor eingelegten allgemeinen Markenbeschwerde unterbleiben muss, verhindert die Beklagte ein erlaubtes Wettbewerbsverhalten der Klägerin. Die Verweigerung der Zustimmung stellt sich dann als gezielte Behinderung durch aktives Tun dar (dazu vorstehend Rn. 32). Auf die von der Revision an-gesprochene Frage, ob den Nutzer der Google-Markenbeschwerde gegenüber
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rechtmäßigen Markennutzern eine Rechtspflicht zur Erlaubniserteilung aus vo-rangegangenem gefährdendem Tun trifft, kommt es daher nicht an.
bb) Die geeignete und erforderliche Maßnahme zur Beseitigung der ge-zielten Behinderung ist die Erteilung der begehrten Zustimmung. Der Beseiti-gungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG kann alle geeigneten Maßnahmen um-fassen, die zur Beseitigung der fortwirkenden Störung geeignet und erforderlich sind. Dazu kann auch die Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots gehören (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 1.69 und 1.80; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 24 Rn. 1; Fe-zer/Büscher aaO § 8 Rn. 9 und 16).
cc) Eine umfassende Prüfungspflicht wird der Beklagten dadurch nicht zugemutet. Vielmehr hat sie nach einer Aufforderung nur zu prüfen, ob sie einer konkreten Werbung zustimmen muss. Der damit verbundene Aufwand ist der Beklagten zuzumuten, da er die Kehrseite der Möglichkeit ist, das Markenbe-schwerdeverfahren bei Google zu nutzen, um die Markenrechte effektiv zu schützen. In einfachen Fällen wird die Beklagte die Zustimmung kurzfristig und ohne tiefergehende Prüfung erteilen oder verweigern können. Wirft die begehrte Zustimmung komplexere markenrechtliche Fragen auf, so hat die Beklagte ab-zuwägen, ob sie den höheren Prüfungsaufwand tragen oder die fragliche Wer-bung zulassen möchte. In diesem Fall stellt sich die Lage nicht anders dar als bei einer Werbung, die im Hinblick auf ihre markenrechtliche Zulässigkeit schwierig zu beantwortende Fragen aufwirft. Der Markeninhaber muss in die-sem Fall entscheiden, ob er gegen diese Werbung trotz des damit verbundenen Risikos vorgehen will. Dieser Prüfung kann er sich durch Erhebung einer allge-meinen Markenbeschwerde und Verweigerung der Zustimmung oder bloßes Untätigbleiben nach einer Aufforderung nicht entziehen.
d) Die Klage ist auch nicht wegen einer vorrangigen Verantwortlichkeit von Google als Anbieter des Adwords-Dienstes unbegründet.
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Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, inwiefern Unternehmen, die durch eine allgemeine Markenbeschwerde an zulässiger Werbung mit Ad-words-Anzeigen gehindert werden, Ansprüche auch gegen Google zustehen können. Jedenfalls ist die Klägerin berechtigt, sich gegen die Beklagte als die-jenige zu wenden, die sie unmittelbar behindert.
III. Die Revision der Beklagten ist somit zurückzuweisen. Die Kostenent-scheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Richter am BGH Feddersen hat
Urlaub und ist daher verhindert
zu unterschreiben.
Koch Büscher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 04.12.2012 – 1 HKO 13833/12 –
OLG München, Entscheidung vom 18.07.2013 – 6 U 4941/12 –

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